Predigt November 2009

Predigt für den Queergottesdienst am 15. November 2009

Bußgottesdienst mit mehrfach geteilter Predigt
Predigttext Matth. 25, 31-46
(von Tim Brügmann)

(am Anfang des Gottesdienstes wurden Karten verteilt, die auf der einen Seite ein schwarzes, auf der anderen ein weißes Schaf haben)

Die Grenze zwischen Schafen und Böcken: wo verläuft sie?

Jesu Rede vom Weltgericht nennt ganz klare Kennzeichen der Schafe, der ‚Gesegneten meines Vaters’: ihre Werke. Nämlich, dass sie

  • Durstigen zu trinken geben
  • Fremde aufnehmen
  • Nackte kleiden
  • Kranke besuchen
  • Gefangene aufsuchen.

Können wir die Häkchen an der richtigen Stelle machen? Und uns dadurch von den Böcken abgrenzen, die dies alles ja nicht tun?

Die Sehnsucht, auf der richtigen Seite zu stehen, birgt die Gefahr, alles abzuspalten, auszugrenzen, was dagegen sprechen könnte. Ein ‚ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie jener’ liegt da nicht fern:

  • Der sonderbare Kranke, den ich besuche,
  • der Lebensuntüchtige, den ich hilfsbereit tränke,
  • der verwerfliche Rechtsbrecher, dem ich meine Huld erweise,
  • der Ausländer, dem ich die Hand reiche, obwohl er aus einer anderen Kultur kommt -

all diese schwarzen Schafe sind nicht wie ich, zum Glück.

Dieser Weg hebt den Selbstwert, weil er alles, was mir in mir selbst sonderbar, hilfsbedürftig und fremd ist, in die haut eines anderen hineindenkt und dort ‚behandelt’. Zum Glück bin ich normal, stark und moralisch gut!

Die Werke dieses Weges helfen nicht. Es war auch nicht der Weg Jesu, der einer von uns geworden ist, unverstanden, sonderbar, Schwäche und Krankheit auf sich nehmend.

Keines unserer Werke wird diesem Maßstab gerecht. Bitte setzt euch alle zur Linken, auf die Kanzelseite, ihr lieben Böcke.

 

Die Grenze zwischen Schafen und Böcken: wo verläuft sie?

Jesus sagt zu uns Böcken: Kommt. Ich habe das erledigt. Ihr seid auf meiner Seite, dann seid ihr meine Schafe, seid rein.

Wir dürfen uns alle auf die rechte Seite setzen.

 

Die Grenze zwischen Schafen und Böcken: wo verläuft sie?

Mal sind wir lammfromm, mal schießen wir einen echten Bock. Die Grenze verläuft mitten durch unser eigenes Leben.

Da, wo wir unser eigenes Eingesperrtsein, Alleinsein, Armsein, Kranksein nicht abspalten, kann die Gnade der Versöhnung geschehen.

mit ruhigem Blick sehen wir:

  • wir sind die Gefangenen, die besucht werden müssen
  • wir sind die Durstigen
  • wir sind die Fremden, die dennoch auf Aufnahme hoffen,
  • die Nackten, die Kranken.

Mit unserer Sprachlosigkeit fängt Gott etwas an.

Muten wir uns ihm/ihr zu!

Da gehört mutig sein dazu.

Dann hilft ‚der Geist unserer Schwachheit auf’, dann können wir ein Werk mit ganzem Herzen tun, müssen uns nicht abgrenzen, sind ganz zuhause in der grenzenlosen Liebe Gottes.

Und ‚denen, die Gott lieben, werden alle Dinge zum Besten dienen.’

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen