Predigt Oktober 2009

Predigt für den Queergottesdienst im Oktober 2009
Beichtgottesdienst

Die Heilung eines Gelähmten: Markusevangelium Kap. 2,1-12

Als er einige Tage später nach Kafarnaum zurückkam, wurde bekannt, dass er (wieder) zu Hause war.

2 Und es versammelten sich so viele Menschen, dass nicht einmal mehr vor der Tür Platz war; und er verkündete ihnen das Wort.

3 Da brachte man einen Gelähmten zu ihm; er wurde von vier Männern getragen.

4 Weil sie ihn aber wegen der vielen Leute nicht bis zu Jesus bringen konnten, deckten sie dort, wo Jesus war, das Dach ab, schlugen (die Decke) durch und ließen den Gelähmten auf seiner Tragbahre durch die Öffnung hinab.

5 Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!

6 Einige Schriftgelehrte aber, die dort saßen, dachten im Stillen:

7 Wie kann dieser Mensch so reden? Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?

8 Jesus erkannte sofort, was sie dachten, und sagte zu ihnen: Was für Gedanken habt ihr im Herzen?

9 Ist es leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben!, oder zu sagen: Steh auf, nimm deine Tragbahre und geh umher?

10 Ihr sollt aber erkennen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben. Und er sagte zu dem Gelähmten:

11 Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh nach Hause!

12 Der Mann stand sofort auf, nahm seine Tragbahre und ging vor aller Augen weg. Da gerieten alle außer sich; sie priesen Gott und sagten: So etwas haben wir noch nie gesehen.

Predigt zu Mk 2,1-12

Unser Predigttext heute ist ja eigentlich eine recht bekannte Geschichte.

Man könnte sie ganz einfach zu einem Theaterstück umarbeiten. Das habe ich einmal probiert, um uns die Geschichte noch näher zu bringen. Wir sehen also vor unserem inneren Auge ein Volkstheater mit 4 Spielszenen.

Titel des Stückes: Plan B – oder die göttliche Müllabfuhr

Vorgeschichte und Bühnenbild

Stellen wir uns eine ländliche Kleinstadt vor. Man kennt sich in der Stadt.

Seit einigen Monaten gibt es in der Stadt einen neuen Arzt. Er kommt aus einem noch kleineren Dorf auf dem Land. Dort war er wegen seiner ungewöhnlichen Heilmethoden nicht beliebt. Deshalb hat er in der ländlichen Kleinstadt seine Praxis eröffnet. Und er hat Erfolg. Die Praxis ist immer überfüllt mit langen Wartezeiten. Wenn er Vorträge hält, stehen die Menschen bis auf die Straße. Zum Einen kommen sie mit ihren Wehwehchen und Zipperlein, zum Anderen stehen sie da aus Neugierde und um mitreden zu können.

1. Szene

5 Freunde sitzen in einem Wohnzimmer in der Stadt zusammen. Einer der Freunde ist unheilbar krank. Man kann den Ausbruch und den Verlauf der Krankheit nur hinauszögern, die Krankheit aber nicht besiegen. Die 4 Gesunden haben auch ihre Probleme, aber ihre Sorge gilt dem schwer kranken Freund. Herkömmliche Medizin konnte bisher nicht helfen, aber vielleicht der seltsame neue Doktor. Der hält heute Abend wieder einen Vortrag. Sie wollen es versuchen.

2. Szene

Die Menschen vor der Praxis stehen bis auf die Straße. An ein Durchkommen ist nicht zu denken. Schon gar nicht für die 4 Freunde mit ihrem kranken Freund. Solche Leute wie sie lässt man in dieser Stadt nicht durch. Die sind anders mit ihrer Männerfreundschaft. Solche Leute kommen hier als Letztes dran.

Die Freunde stehen zusammen und beraten sich:

„Vielleicht kommen wir ein anderes Mal besser an den Doktor ran?“ fragt der Eine.

„Quatsch! Ein anderes Mal ist es genauso voll und sie lassen und wieder nicht rein.“

„Dann wird´s halt nichts.“ gibt der Dritte frustiert zu.

„Kommt nicht in Frage!“ sind sich die drei Anderen einig. „Es muss eine andere Möglichkeit geben! Plan B muss her!“

Die Liebe zu ihrem kranken Freund ist zu groß, als dass sie die Hoffnung auf diesen letzten Strohhalm aufgeben könnten.

3. Szene

Wir sehen einen überfüllten Raum, in der Mitte ein Prediger. Die Zuschauer hängen an seinen Lippen. Plötzlich stört ein Geräusch die andächtige Stille. In der Decke erscheint ein Riss, es bröselt von oben, die Menschen drücken sich erschrocken und schreiend an die Wände. Aus dem Riss wird ein Loch, das mit geeignetem Werkzeug vergrößert wird.

Dann gucken vier Männer durch das Loch. Sie seilen einen Mann mit Kletterausrüstung ab, mitten hinein in die Menge, direkt vor die Füße des neuen Doktors.

Der neue Doktor erkennt sofort, dass der Abgeseilte sehr krank ist, und – kann ihm helfen.

Der ehemals Kranke steht auf, bahnt sich eine Gasse durch die erstaunte Menge und wird draußen jubelnd von seinen vier Freunden empfangen.

4. Szene

Die Leute in der Praxis, die das Geschehen miterlebt hatten, sind empört: Zum Einen über die Dreistigkeit der 4 Freunde, die sich so unverschämt vorgedrängelt haben, zum Anderen über den Wunderheiler: „Wie kann der es wagen einen von denen zu heilen? Die sind doch selbst schuld an ihrer Krankheit. Würden sie anders leben, also normal leben, dann würden sie das nicht bekommen.“

Die Beobachter sind auch neidisch. Schließlich konnten siebisher noch nicht geheilt werden.

Und die Moral von der Geschicht

- Jeder Mensch braucht Freunde und Freundinnen, die einem im wahrsten Sinne des Wortes „auf die Sprünge helfen“, wenn die eigene Kraft nicht mehr ausreicht. Es tut so gut, wenn ein Mensch dort einspringt, wo ich wie gelähmt nicht vom Fleck komme und ich heilsam geführt und begleitet werde.

- Die vier Freunde lassen sich nicht von misslichen Umständen von ihrem Ziel abbringen. Sie wenden das Prinzip „Bergbach“ an. Habt ihr schon einmal dem Wasser eines Bergbaches zugesehen? Es fließt einfach abwärts völlig unabhängig von dem, was sich ihm in den Weg stellt. Kommt ein Stein, fließt das Wasser außen herum; kommt ein Staubecken, wartet es bis sich genug Wasser angesammelt hat und fließt über die Staustufe drüber. Das Wasser lässt sich nicht von seinem innewohnenden Wesen zu fließen abhalten, durch nichts!

Genauso die vier Freunde: Sich überlegen sich einfach einen – wenn auch ungewöhnlichen – anderen Weg, um zu Jesus zu gelangen. Und wenn sie das Dach zerstören müssen!

Durch ihre Hartnäckigkeit und ihren unbeirrbaren Willen kommen sie zum Ziel.

Nicht die Hindernisse sind oft das Problem, sonderen der mangelnde Wille, zum Ziel zu gelangen. Gott lässt sich hier sogar erpressen!

- Vielleicht sollten wir Jesus unsere Sorgen und Anliegen genauso dreißt und unwiderstehlich vor die Füße schmeißen, so wie wir zu Beginn die Müllsäcke mit möglichen Sorgen vor den Altar gestellt haben. Jesus betont das in den Evangelien an mehreren Stellen: Wer anklopft, dem wird aufgetan. Wer Glauben hat, kann Berge versetzen.

Heilung gibt es nicht umsonst, aber mit entschlossenem Willen, guten Freunden, inständigen Gebet und Glauben an Gottes Hilfe, kann sie sich ereignen.

Amen