Predigt Januar 2009

Predigt für den Queergottesdienst am 18. Januar 2009

Lesungstext: Joh. 2 /1-11  „Die Hochzeit zu Kana als Zeichen“

In unserem heutigen Gottesdienst sind wir alle zu einer ganz besonderen Hochzeitsfeier geladen. Wir wissen nicht, wer das  - hoffentlich glückliche - Brautpaar ist und wir erfahren auch nichts über den Ablauf der Zeremonie, das wahrscheinlich opulente Festessen oder über die Art der Geschenke und Mitgifte.

Uns wird nur mitgeteilt, dass die Mutter Jesu, Maria, Jesus, sowie seine Jünger zur Hochzeitsfeier eingeladen waren. Heiratete einer der Brüder Jesu, oder einer der Freunde der Jünger?

Wir hören nur davon, dass mehrere Diener anwesend sind, die auf einen wohlhabenden Haushalt schließen lassen. Eine Art Oberkellner verkostet auf Geheiß Jesu das auf unerklärliche Weise in Wein verwandelte Brunnenwasser. Dieser Mundschenk rätselt wohl vollkommen fassungslos darüber, woher diese großen Mengen köstlichen Weins jetzt - wo sich die Feier bereits dem Ende zuneigt - plötzlich wie aus dem Nichts herkommen!

Bei der sicherlich volkstümlichsten, ersten Wundertat Jesu, die zur Zeit in vielen Krippendarstellungen gezeigt wird, geht es wohl nicht in erster Linie um das chemisch-physikalische Phänomen einer plötzlichen Flüssigkeitstransformation.

Diese erste, große Zeichensetzung Jesu in der Öffentlichkeit will uns keine Details dieser wundersamen Verwandlung verraten, sondern von einem viel tieferen Wunder sprechen:

Der Wein ist ein Symbol, ein Zeichen für intensiven Hochgenuss und überschwänglicher Freude, ein Symbol für den nicht zu stillenden Lebensdurst der Menschen; ja, der Wein ist ein Synonym für das Feiern von Festen überhaupt!

Wir fragen uns im übrigen jetzt doch auch, was Jesus auf einer lärmenden Hocheitsgesellschaft zu suchen hat; er wird wohl fröhlich mitgefeiert und ausgiebig mit den Brautleuten angestoßen und mitgebechert haben; er möchte der Festgemeinschaft und uns allen deutlich zeigen, dass er Lebens-Freude in Fülle schenken und dass er die Hochzeit Gottes mit den Menschen durch sein Mitfeiern vorbereiten kann.

Ohne Wasser kann unser Organismus nur für einige Tage überleben. Das Wasser kann uns als Symbol unserer unerlösten, gesetzmäßig in den Tod führenden Existenz dienen.

Christus demonstriert uns durch seine Verwandlung dieses Wassers in köstlichen Wein, dass wir nicht wie die Tiere hilflos und trostlos auf blankes Brunnenwasser angewiesen sind. Wir dürfen seinen wunderbaren, wohlschmeckenden Wein trinken, der aus seiner Hand in unerschöpflichen Mengen fließt und wir können uns an dieser unendlichen Quelle der Lebensfreude laben.

Jesus allein schenkt der Hocheitsgesellschaft und uns allen den guten, den edelsten Wein, von dessen Existenz im Keller selbst der Bräutigam nichts wußte; sonst hätte er ihn doch gleich zum Anstoßen als erstes ausschenken lassen.....!

Jesus ist-schon gegen Ende hin- zum Stargast der Hochzeitsfeier geworden; er möchte auch zum Mittelpunkt, zum Wein- und somit zum Freudenspender auf unserer eigenen Hochzeit mit Gott werden, der ewiges Leben schenkt, Leben in Fülle und Liebe.

Schwestern und Brüder, wir erfahren und spüren immer wieder schmerzhaft und verzweifelt, dass wir unsere Grenzen haben, um Verzeihung bitten müssen und sie benötigen, dass wir erlösungsbedürftig sind. Wir sind mehr oder weniger angst- und sorgenerfülltes, häufig psychisch oder physisch angeschlagenes Porzellan, Stückwerk, dessen Reparatur und Vollendung noch aussteht. Wir spüren diese, unsere klägliche Wasserexistenz und wir leiden darunter; alles in uns schreit nach der Weinexistenz, nach Freude, Glück, Geborgenheit und Liebe- nach einem Leben, dass uns trägt.

„Einer trage des anderen Last. Damit werdet i h r tun, was Christus will.“

Dieses Pauluswort aus dem Galaterbrief weist unseren Blick auf einen zentralen Schwerpunkt unseres Lebensvollzugs:

Das sich Ausrichten, Beziehen und Einlassen auf Mitmenschen!

Wir, die wir heute Abend in dieser Gemeinde versammelt sind, haben zwar zum großen Teil nicht das immer noch hochfeierliche, gesellschaftliche Privileg der Teilnahme als Braut oder Bräutigam auf einer festlichen Hochzeit mit allumfassendem, familiären und kirchlichen Segen erlebt.

Aber – wir können unseren Freunden, Partnerinnen und Lebensgefährten dennoch zu Braut oder Bräutigam werden. Wir können in unserem  täglichen Leebensalltag mit ihnen tatsächlich und wahrhaftig gangbare und tragbare Wege zu einer Hochzeit im Geiste Gottes gehen.

In den Augenblicken und Situationen, in denen wir uns offen und selbstlos in die Augen schauen und uns zu verstehen geben:

Ich bin dir gut, ich vertraue dir, ich stehe zu dir, ich bin die Freund!

In diesen Momenten grenzenloser Hingabe und absoluten Vertrauens an ein Du geben wir dem anderen ein Zeichen des Himmels, gemeinsam holen wir uns dann den Himmel auf die Erde.

Wenn ich den heiligen Hochzeitsgeist Christi in mich hineinlasse, schaffe ich es als beseelter Mensch immer wieder und auch dauerhaft, durch die himmlischen Sehnsüchte in mir den Himmel zwischen uns zu öffnen; gemeinsam holen wir uns dann ein großes Stück der unendlichen Seeligkeit auf die Erde.

Um zu dieser Lebens-und Liebesfülle zu gelangen, brauchen wir wirklich keine Notarszeremonien oder gar kirchliche Erlaubnisse!

Wir erfahren aber auch und spüren es wohl alle:

Keine Frau und kein Mann allein kann uns das Paradies auf Erden schaffen. Wir können uns viel schenken: Freude und Glück, Geborgenheit und Liebe. Aber immer ist alles menschliche zu wenig.

Dem auf das Unendliche, auf das Absolute hin ausgerichteten Menschen kann dies alles nicht genügen.

In uns ist unendlicher Raum für Gott, unstillbare Sehnsucht nach absolutem Glück, absoluter Liebe, absoluter Ewigkeit.

Dies aber sind Hochzeitsgeschenke Christi an uns für unsere Hochzeit mit Gott, der alle unsere unendlichen Wünsche am Ende erfüllen wird.

 

Amen